Seminar „Jugenddelinquenz“ vom 04. – 06.12.2023

Wie die Pädagogik und ihre Bezugswissenschaften mit den Herausforderungen delinquenter junger Menschen wirksam umgehen kann, war drei prächtig gefüllte Seminartage lang Thema für den Abschlussjahrgang BK 36.

Montag, 04.12.2023 Zugang finden zum Thema und Vermittlung von Basiswissen
Einen ungewöhnlichen ersten Zugang verschaffte der Seminarleiter Armin Wunder mit einem Erklärvideo zu den hirnorganischen Veränderungen in der Pubertät.
https://www.youtube.com/watch?v=s4EpoS5qjiA
Neuronale Überholung des kompletten Nervensystems und sexualhormonelle Einflüsse erschweren kognitive Funktionen, Willensbildung, erhöhen das Risikoverhalten, Drogenexperimente… unmittelbar deutlich wurde der Klasse, warum ein jugendspezifisches Täterstrafrecht in Deutschland existiert.
Im Folgenden wurden Grundlagen der Jugendstrafrechtspflege vermittelt: General -und Spezialprävention, Jugendgerichtshilfe, Diversion, verkürzte Jugendstrafverfahren, das „Arsenal“ der Interventionsmöglichkeiten des Jugendgerichtsgesetzes und der Aufbau des Gerichtssystems.
Nachmittags wurde ein vielfach prämierter Film aus Canada vom gesamten Kurs aus professioneller Sicht analysiert: „10 ½“ beschreibt die Umstände, aus denen heraus ein Junge wegen sexualstrafrechtlicher Handlungen in ein geschlossenes Heim aufgenommen wird. Dort wird mit diversen, auch konfrontativen pädagogischen Methoden gearbeitet. Der aufwühlende Film lud zur Diskussion ein, die am Dienstag weitergeführt wurde.

Dienstag, 05.12.2023 Filmauswertung und Themenvergabe
Insbesondere das Thema „Time Out“ (Zimmereinschluss bei Selbst- oder Fremdgefährdung) wurde besprochen und notwendige Standards erklärt.
Dann stellte Herr Wunder 25 Themen (!) vor, die in Einzelarbeit recherchiert und präsentiert werden durften und neben dem Wissenszuwachs auch der Notenfindung dienen sollten. Sowohl der Umgang mit Delinquenz in anderen Ländern (Großbritannien, Neuseeland, Australien, USA, Türkei), als auch Haftvermeidung in der Region und Deutschlandweit (Creglingen, Leonberg, Leipzig, Stutensee, Ettlingen) wurden recherchiert und sollten am Mittwoch analysiert werden in den Abschlusspräsentationen. Spezielle Ansätze wie z.B. Bootcamps in den USA, der Just Community Ansatz in der JVA Adelsheim, religiös motivierte Ansätze im familiär geprägten Seehaus, aber auch Anti-Gewalt-Training im Maßregelvollzug wurden erarbeitet. Ungewöhnliche Themen wie Amoklauf in Columbine, USA und Winnenden, Filmanalysen einer Dokumentation in einem Kindergefängnis in Russland mit fehlverstandener Makarenko-Pädagogik und „Sie küssten und sie schlugen ihn“ rundeten das Angebot ab. Alle kamen rasch ins Arbeiten mit den unbekannten Themen.

Mittwoch, 06.12.2023 Letzte Arbeiten und Präsentation
Letzte Fragen wurden geklärt, Technikprobleme bewältigt und los ging es mit dem Präsentationsreigen. Trotz 18 Vorträgen (!) blieb die Klasse den ganzen Tag motiviert und interessiert und eine Punktlandung zum Ende der 9. Stunde rundete den allseitigen Erfolg ab. Das Feedback der Klasse und des Seminarleiters war positiv.
Die Präsentationen hatten durchweg eine Qualität, die einer Abschlussklasse entspricht und lässt für das Kolloquium, welches die Ausbildung in wenigen Monaten abschließt, Gutes hoffen.